Die 1974 errichtete Köhlbrandbrücke steht unter Denkmalschutz und gilt als eines der wichtigsten Hamburger Wahrzeichen. Dennoch plant die Stadt Hamburg seit vielen Jahren den Abriss der Brücke, weil sie angeblich nicht erhaltungsfähig sei. Aktuelle Untersuchungen bestätigen jedoch, dass die Brücke saniert und weitergenutzt werden könnte, wenn man nur sie vom Schwerlastverkehr befreit. Der Denkmalverein fordert daher in einer neuen Petition, eine mögliche Erhaltung der Brücke zu prüfen. Die Petition wird u.a. unterstützt vom Arbeitskreis für Denkmalschutz der Patriotischen Gesellschaft, vom Bund Deutscher Architekten Hamburg, vom Denkmalrat Hamburg, von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V., von der Hamburgischen Architektenkammer, von der Hamburger Stiftung Baukultur und von ICOMOS Deutschland.

Die Begeisterung war groß, als im September 1974 die Köhlbrandbrücke fertiggestellt war: Über 600.000 Hamburger:innen nutzten die Gelegenheit, die Brücke zu Fuß zu erkunden, bevor das erste Auto hinüberfuhr. Inzwischen verbindet die Köhlbrandbrücke schon seit über 40 Jahren die Elbinsel Wilhelmsburg mit der A7 und überspannt den 325 m breiten Köhlbrand, einen Arm der Süderelbe. Die Brücke wurde von den Bauingenieuren der Firmen Philipp Holzmann AG, Polensky & Zöllner, Siemens-Bauunion GmbH, Rheinstahl AG, Hein, Lehmann & Co. AG und Carl Spaeter GmbH unter der Leitung von Paul Boué entworfen. Gestalterisch beraten wurden sie dabei von den Architekten des Büros Egon Jux (unter anderem mit Oskar Lehmann). Die Brücke steht heute aufgrund ihrer technikgeschichtlichen Bedeutung unter Denkmalschutz, aber soll nach Planungen des Hamburger Senats trotzdem abgerissen werden, weil ihr baulicher Zustand angeblich zu schlecht sei. Entscheidender scheint allerdings zu sein, dass Großschiffe aufgrund der Durchfahrtshöhe der Brücke nicht den Containerterminal Altenwerder befahren können.

Die Brücke sollte erhalten werden, weil sie als wichtiges und einzigartiges Ingenieurbauwerk der 1970er Jahre mit einer hohen architektonischen Qualität unter Denkmalschutz steht. Sie prägt seit fast 50 Jahren das Hamburger Stadtbild und ist seit ihrem Bau ein Wahrzeichen. Ihre Bedeutung kann daher durchaus mit der der Brooklyn Bridge für New York oder der Golden Gate Bridge für San Francisco verglichen werden. Laut Denkmalschutzgesetz muss die Stadt vorbildhaft mit ihren eigenen Denkmälern umgehen. Angesichts der gegenwärtigen Entwicklung des Hafens wäre ein Abriss der Brücke unnötig, weil größere Schiffe auch in anderen Hafenbereichen abgefertigt werden könnten. Zudem enthalten Stahl und Beton der Brücke große Mengen "Grauer Energie", die man weiternutzen sollte. Ökologisch, ökonomisch und baukulturell gesehen wäre es daher am sinnvollsten, die Köhlbrandbrücke zu erhalten.

Chronologie der jüngsten Diskussion

  • Ein im Juli 2023 bekanntgewordenes Gutachten aus dem Jahr 2008 hat ergeben, dass die Betonrampen der Brücke abgängig sind, die markante Stahlbrücke mit ihren Pylonen und der Seilkonstruktion jedoch saniert werden könnte. Das Gutachten empfiehlt daher eine Machbarkeitsstudie zum Erhalt der Brücke.
  • Nach Bekanntwerden des Gutachtens forderte der Denkmalverein im August 2023 in einer Pressemeldung, eine mögliche Erhaltung der Köhlbrandbrücke zu prüfen.
  • Am 4. Oktober 2023 veranstaltete der Denkmalverein auf Einladung der HafenCity Universität und gemeinsam mit weiteren Institutionen eine öffentliche Diskussion, die hier nachgehört werden kann.
  • Am 12. Oktober 2023 lud die Hamburgische Architektenkammer (HAK) gemeinsam mit der Hamburgischen Ingenieurkammer Bau zu einer Barkassenfahrt zur Köhlbrandbrücke ein. Dabei gaben die anwesenden Vertreter:innen der zuständigen Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) bekannt, dass laut aktuellen Untersuchungen die Brücke voraussichtlich saniert werden könne, wenn man den Schwerlastverkehr herunternähme.
  • Im Januar 2024 schlug der Hafenexperte Gunther Bonz in der Presse die schon zur Bauzeit entstandene Idee einer zweiten, südlichen Brücke für den Schwerlastverkehr vor, die einen Erhalt der bestehenden Brücke ermöglichen würde, was die HAK in einer Pressemeldung begrüßte.
  • Im Februar 2024 startete der Denkmalverein eine Online-Petition, in der der Senat dazu aufgefordert wird, einen möglichen Erhalt der Brücke endlich zu prüfen.
  • Im April beschloss der Senat trotz vieler Gegenstimmen, der Hamburgischen Bürgerschaft einen Brücken-Neubau vorzuschlagen. Die Entscheidung der Bürgerschaft wird für Juni erwartet.

Die Zukunft dieses bedeutenden Hamburger Bauwerkes ist noch lange nicht entschieden.

Fotos: Ina Behrensmeyer, Denkmalschutzamt Hamburg, Fotografie Dorfmüller | Klier, Birgit Heinemann, Ronald Hirte