Die Eppendorfer Kinder kennen das markante Eckgebäude an der Haynstraße / Ecke Hegestraße vor allem wegen des riesigen Pappmaché-Dinosauriers, der an der Hegestraße über eine Hecke guckt und nicht nur bei Kindern für Belustigung sorgt. Der "Große Spekulantenfresser", wie ihn die Bewohner des Hauses tauften, steht dort als Symbol einer erfolgreichen Geschichte. Mieter retteten in den 1970er Jahren das prachtvolle Etagen-Wohnhaus vor Spekulanten und bildeten eine für Hamburg einmalige Hausgemeinschaft.

Der 1910-1911 von Johann Georg Hupach entworfene Jugendstilbau wurde als Mietshaus gebaut. Trotz kleinerer Umbauten in den 1930er Jahren überstand das Gebäude beide Kriege und die abrissfreudige Nachkriegszeit - bis 1969 das Haus an die Wohnungsbaugesellschaft IHA Hausbau verkauft wurde, die das Haus abreißen und durch einen Neubau ersetzen wollte. Für die Übergangszeit bis zum Abriss bot die IHA Hausbau die Wohnungen der Universität Hamburg zur befristeten Belegung durch Studenten-WGs an.

Die Hausgemeinschaft in der Haynstraße 1-3 repräsentierte alles, was junge Studierende am "spießigen" Leben der Generation davor ablegen wollten. Schnell wurde aus dieser kollektiven Wertegemeinschaft eine Anti-Abrissbewegung. Die Studierenden betrieben intensive Öffentlichkeitsarbeit, hängten Transparente auf und sprachen mit den Bezirkspolitikern, bis tatsächlich die Abrissgenehmigung zurückgezogen wurde. 1975 sah die Wohnungsbaugesellschaft ihre Niederlage ein und es kam zum Verkauf an ein schweizerisches Konsortium, mit dem sich die Wohnhausgemeinschaft auf einen kollektiven Mietvertrag aller Parteien im Haus einigte. Fortan konnte kein/-e einzelne/-r Mieter/-In gekündigt werden, die Mietergruppe selber entscheidet wer einziehen darf - und das dürfen nur diejenigen, die sich der seit über vierzig Jahre geltenden Satzung verpflichten.

Transparente zu aktuellen politischen Themen hängen seither immer wieder an den Wänden des Hauses. Die Miete der Wohnungen ist bis heute am sozialen Wohnungsbau orientiert. Das Schweizer Unternehmen verkaufte schon bald die Wohnungen einzeln an neue Eigentümer. Am Mietvertrag änderte sich dadurch nichts. Als er 1990 verlängert werden müssen, wurde er von Eigentümerseite gekündigt, die anschließende Räumungsklage jedoch blieb ohne Erfolg. In den folgenden Jahren musste sich die Mietergruppe immer wieder mit Prozessen und erfolglosen Räumungsklagen auseinandersetzen. In der Folge verkauften nach und nach ungefähr zwei Drittel der Eigentümer ihre Wohnungen an Mieter, die, obwohl sie nun selbst Eigentümer waren, am Mietvertrag und damit an allen Implikationen eines gemeinschaftlichen Lebens im Haus festhielten.

Für den Denkmalverein symbolisiert das Denkmal in der Haynstraße 1-3/Hegestraße 41 deutlich mehr als ein bauliches Zeugnis großbürgerlicher Wohnkultur des beginnenden 20. Jahrhunderts. Die Bewohner bewiesen durch ihr Engagement gegen den Abriss, wie erfolgreich Bürgerbeteiligung für die historische Baukultur sein kann. Über professionelle Lobbyarbeit, juristischen Sachverstand und ein bewundernswertes Durchhaltevermögen konnten sie ein beeindruckendes Baudenkmal nicht nur retten, sondern über die Jahrzehnte auch vorbildhaft denkmalgerecht sanieren. Trotz des fast 50-jährigen Bestehens der Mietergruppe ist zu befürchten, dass das Interesse der nicht im Haus lebenden Eigentümer an einer Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht erloschen ist. Der Denkmalverein befürwortet jedoch sehr die Weiterführung dieses einmaligen Wohngemeinschaftsmodells.