Das Gebäude des Karstadt-Kaufhauses an der Ecke Osterstraße/Heußweg aus dem Jahr 1976 ist ein eindrucksvolles Beispiel für Brutalismus in Hamburg. Seine Zukunft ist jedoch angesichts der Kaufhauskrise ungewiss und eine Unterschutzstellung bislang nicht in Sicht.
Zur Baugeschichte
Vor dem Zweiten Weltkrieg befand sich die Eimsbütteler Karstadt-Filiale zuerst in der Eimsbütteler Chaussee und anschließend am Schulterblatt (ehemals: Kaufhaus Poetsch). Bei den Luftangriffen vom 23. Juli 1943 wurde diese Filiale jedoch komplett zerstört. 1951 eröffnete Karstadt am heutigen Standort Osterstraße/Ecke Heußweg seinen ersten Nachkriegsbau in Hamburg.
Zu der Zeit verfügte das Kaufhaus über 2.400 Quadratmeter Verkaufsfläche zuzüglich einer zweiten Etage, die als zusätzliche Verkaufsfläche bei Erweiterungsbedarf vorgesehen war. Erwartungsgemäß kam es in den 1950er und 1960er Jahren immer wieder zu Erweiterungen und Umgestaltungen der Innenräume, bis eines Tages die räumlichen Kapazitäten ausgeschöpft waren und die Idee eines Neubaus entstand. Als Inspiration für das heutige Karstadt-Gebäude gilt nicht zuletzt der Neubau nebenan: Auf dem Gelände des früheren Roxy-Kinos an der Osterstraße entstand nämlich ein kombiniertes Geschäfts- und Parkhaus. Ende der 1960er hatte sich das Automobil zum Massenphänomen entwickelt und auch für Karstadt war klar: Will man konkurrenzfähig bleiben, muss man genügend eigene Parkplätze anbieten. Doch der öffentliche Verkehr wurde beim Neubau ebenfalls nicht außer Acht gelassen: Die Karstadt-Filiale der Zukunft sollte direkt vom U-Bahnsteig Osterstraße betreten werden können.
Brutalismus an der Osterstraße
1975 schließlich war der Spatenstich für das markante brutalistische Eckgebäude, wie wir es heute kennen. Karstadt beauftragte das Hannoveraner Architekturbüro "Kreytenberg, Lessing und Partner" mit den Plänen für den Neubau des Kaufhauses mit angeschlossenem Parkhaus. Im Inneren bot das Kaufhaus zur Eröffnung 1978 eine Verkaufsfläche von 8.500 Quadratmetern, die sich über vier Ebenen vom Untergeschoss bis ins zweite Obergeschoss erstreckte. 2011 wurde die Verkaufsfläche nochmal auf 10.000 Quadratmeter erweitert. Äußerlich ist das Gebäude bis heute in seinem Ursprungszustand erhalten - bis hin zur puristisch-eindrücklichen Uhr, die an der Betonfassade aus kantig abgeschrägten Fertigteilen verlässlich die Zeit anzeigt.
Die charakteristische Fassade des Karstadt-Gebäudes wurde seit der Teileröffnung 1976 kritisch hinterfragt, in den Medien auch schon als „Bunker“ geschmäht. Aber aus denkmalpflegerischer Sicht ist das Gebäude unverzichtbar für Hamburgs baukulturelle Vielfalt: Der Hamburger Industriearchäologe und Ingenieurbau-Experte Sven Bardua zum Beispiel nennt den Bau an der Osterstraße im Vergleich zu anderen Karstadt-Bauten „besonders prägnant und erhaltenswert“ und sieht bei der Gebäudegattung Kaufhaus noch große Forschungslücken in der bundesweiten Denkmalpflege.
Das Denkmalschutzamt hat das Gebäude 2019 zuletzt auf seine Denkmalwürdigkeit hin geprüft, es jedoch aufgrund veränderter Strukturen im Inneren nicht unter Schutz gestellt. Dabei muss man sich fragen, ob es nicht zur Eigenart von Kaufhaus-Einrichtungen gehört, dass sie ständig erneuert werden. Die Bildergalerie oben zeigt zudem, dass alle wesentlichen Erschließungsteile wie Treppenhäuser, Fahrstuhl-Einfassungen oder Beschilderung ebenso wie vermutlich auch die Deckenpaneele noch bauzeitlich sind. Und das visuell beeindruckende Parkhaus scheint sogar noch vollständig original erhalten zu sein.
Aktuell ist die Zukunft der Galeria-Kaufhäuser, mit denen Karstadt 2018 fusionierte, ungewiss, und ein möglicher Abriss des Gebäudes nicht unwahrscheinlich. Im September 2024 informierte das Bezirksamt Eimsbüttel die Presse, dass die Gebäudeeigentümer einen siebenstöckigen Neubau für Büro und Gewerbe an der Adresse Osterstraße beantragt hätten. Noch liegt allerdings kein Abrissantrag vor, und auch die Nutzung scheint derzeit Bestand zu haben. Umso dringlicher plädiert der Denkmalverein jedoch für eine Erhaltung dieses baukulturell qualitätsvollen Beispiels für Brutalismus sowie für eine systematische Erforschung der Kaufhausbauten der Nachkriegsjahrzehnte.
Sollte eine Unterschutzstellung tatsächlich nicht mehr stattfinden, so könnte das zumindest die Erhaltung des Stadtbildes ermöglichen. Aufgrund der schwierigen Konstruktion mit einer großen Tiefe und geschlossenen Fassaden wäre eine Erhaltung ohne die Kaufhausnutzung möglicherweise nach Denkmalschutzgesetz nicht "wirtschaftlich zumutbar". Ohne Denkmalschutz jedoch könnte man das Innere des Kaufhausgebäudes aufgeben und an seiner Stelle eine Nachverdichtung und qualitätvolle Aufstockung hinter und über der Bestandsfassade umsetzen. Bei entsprechender Einigung von Eigentümer und Stadtplanung könnte man also mehr Bruttogeschossfläche errichten, als es bislang im Bebauungsplan vorgesehen ist, und zugleich Teile der ikonischen Fassade weiternutzen und für das Stadtbild erhalten.
Fotos: Fotografie Dorfmüller Klier, Miguel Martinez, Kristina Sassenscheidt