Das traditionsreiche Gelände der ehemaligen Holsten-Brauerei in Altona-Nord wurde 2016 verkauft und ist seitdem Spielball der Immobilien-Spekulation. Seit 2021 ist bereits ein Großteil der Brauerei-Gebäude für ein zukünftiges Wohnquartier abgebrochen worden. Da außer der Schwankhalle aus dem Jahr 1911 nichts unter Denkmalschutz steht, ist die Zukunft der letzten historischen Gebäude auf dem Gelände ungewiss.

Brauerei-Geschichte

Die Holsten-Brauerei AG wurde 1879 in der damals holsteinischen Stadt Altona gegründet. Als Warenzeichen diente von Anfang an ein Ritter auf einem Pferd, der bis heute Teil des Holsten-Logos ist und als prominente Metallskulptur über dem historischen Sudhaus schwebt. Die ersten 25 Jahre wurde Holsten-Bier hauptsächlich auf dem lokalen Markt (Altona und Hamburg) vertrieben, anschließend wurde Holsten bald zum führenden Bierhersteller im Hamburger Raum.

Von 1911 bis 1913 wurde die Holsten-Brauerei umfassend erneuert und später mehrfach erweitert, so dass sie bis zum Ende des 20. Jahrhunderts eine Mischung aus den verschiedensten Baustilen und technischen Entwicklungsstufen darstellte und auf nahezu das gesamte Straßen-Dreieck zwischen Holstenstraße, Haubachstraße und Harkortstraße angewachsen war. 2004 kaufte der internationale Konzern Carlsberg die Holsten-Brauerei. Damit fingen auch die Pläne einer Standort-Verlagerung an, denn die Anlagen in Altona galten als ineffektiv und überdimensioniert. Nach mehrjähriger Verhandlung von Carlsberg mit der Stadt Hamburg verzichtete diese auf ihr Vorkaufsrecht, um die Arbeitsplätze auf dem Hamburger Stadtgebiet zu erhalten, und das Gelände wurde im Jahr 2016 für fast 150 Millionen Euro an die Düsseldorfer "Gerch Group" verkauft.

In einem städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerb begann die Stadt Hamburg 2017 gemeinsam mit den Investoren die Zukunft des Areals als neues Wohnquartier zu planen. Der Siegerentwurf sieht den Erhalt eines Teils der historischen Gebäude aber auch zahlreiche, teils sehr hohe Neubauten vor. Im November 2019 wurde schließlich der Brauereibetrieb auf dem Gelände geschlossen und in Neubauten im Stadtteil Hausbruch wiedereröffnet. Seit Frühjahr 2021 läuft der Abbruch, allerdings scheint die Zukunft des Areals aufgrund spekulativer Weiterverkäufe und Preissteigerungen des Gesamtareals völlig unklar.

Aktuelle Situation

Aus der ersten Erneuerungsphase 1911-13 haben sich nur drei Turmbauten erhalten: Das Malzsilo mit seinem dunkelroten Klinker, das daneben stehende Sudhaus mit dem markenprägenden „Holsten-Ritter“ auf dem Dach und der Juliusturm gegenüber. Diese drei Eisenbetonskelettbauten sollen nach der bisherigen Planung „zur Identitätsschaffung im neuen Quartier“ zumindest teilweise erhalten bleiben. Ebenfalls erhalten bleiben soll das einzige bislang geschützte Baudenkmal, die ehemalige Schwankhalle aus dem Jahr 1911.

Aktuell ist unklar, wieviel tatsächlich von den nicht unter Schutz stehenden Gebäuden erhalten bleibt und ob sie nicht vollständig entkernt und zur historischen Kulisse für das neue Wohnquartier degradiert werden. Hinzu kommt, dass die weitgehend unbekannten unterirdischen Brauereikeller (s. Bildergalerie) nach den bisherigen Planungen Tiefgaragen weichen sollen. Der Denkmalverein hat daher Ende 2022 zum wiederholten Mal einen Denkmalvorschlag zum Holsten-Areal beim Denkmalschutzamt eingereicht, der leider abgelehnt wurde. Der Verein sieht eine geschichtliche Bedeutung der über- und unterirdischen historischen Bauwerke auf dem Holsten-Gelände, weil diese die Entwicklung der Hamburger Braukunst aber auch die städtebauliche Entwicklung der Industriekultur um den Güterbahnhof Altona anschaulich ablesbar machen. Zudem bestehen bis heute wichtige historische Sichtbeziehungen u.a. zwischen den Turmbauten und der denkmalgeschützten Kleiderkasse an der Harkortstraße. Darüber hinaus sprechen natürlich auch Argumente wie Stadtbildpflege, Nutzung sogenannter Grauer Energie und Ressourcenschonung für einen konsequenten Erhalt aller originalen Gebäudeteile. Der Verein plädiert weiterhin für eine Erhaltung der Gebäude, da die aktuell unklare Zukunft des Geländes eine historische Chance bietet, die bisherige Planung neu aufzurollen.

Fotos unterirdische Katakomben 2019 und Zustand November 2022: Kristina Sassenscheidt
Fotos Frühjahr 2021: Fotografie Dorfmüller Klier