Im September 2022 hat das Denkmalschutzamt die 221 Einfamilienhäuser der Siedlung "Hamburg Bau 78" im Stadtteil Poppenbüttel unter Schutz gestellt. Seitdem tobt eine mediale und politische Debatte darum, ob die Unterschutzstellung berechtigt ist.

Geschichte der Siedlung

Mit der Bauausstellung "Hamburg Bau 78" wurde dafür geworben, auf Hamburger Stadtgebiet ein Eigenheim zu kaufen. Unter dem Motto "Wohnen im Einfamilienhaus" entstanden in nur wenigen Monaten mit öffentlicher Unterstützung 221 Häuser. Gebaut wurde die Siedlung "Hamburg Bau 78" von jungen und zur damaligen Zeit bereits international etablierten Architekten: Büros wie das der Planungsgruppe Prof. Laage (Garleff-Bindt-Weg), gmp von Gerkan, Marg und Partner (Gödersenweg, Carl-Meyn-Weg), APB Architektengruppe Planen + Bauen (Gödersenweg), Wolfgang Stabenow, Christian Papendick, Rotermund und Lupp oder Otto Steidle und Partner aus München (Kreienkoppel, Carl-Meyn-Weg) haben hier gebaut. Das Ausstellungsgelände bildet damit einen gut erhaltenen Querschnitt des für die 1970er Jahre modernen Einfamilienhausbaus, der unter anderem Skandinavien und die Niederlande zum Vorbild hatte.

Unterschutzstellung von Hamburg Bau

Entscheidend für die Einstufung als Denkmal ist laut Gesetz die geschichtliche, wissenschaftliche, künstlerische oder stadtbildprägende Bedeutung des Objekts. Das Hamburger Denkmalschutzgesetz ist ein ipsa-lege-Gesetz. Das bedeutet, dass das Gesetz unbürokratisch „durch das Gesetz selbst“ alle Gebäude und Ensembles schützt, die entsprechend den gesetzlichen Kriterien als Denkmäler erkannt sind.

Seit 2020 überprüfen die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Denkmalschutzamtes Objekte aus den Jahren zwischen 1975 bis 1995. Das Amt wird damit seiner Aufgabe gerecht, nach rund einer Generation (30 Jahre) den Gebäudebestand auf mögliche Kulturdenkmäler hin zu prüfen. In diesem Rahmen wurde auch Hamburg Bau untersucht.

Als das Denkmalschutzamt die Schutzwürdigkeit der Siedlung Hamburg Bau festgestellt hatte, hat es im Jahr 2022 Eigentümerinnen und Eigentümer der Gebäude schriftlich darüber informiert und im Zuge dessen auch zu einer digitalen Infoveranstaltung des Denkmalschutzamtes am 28. September 2022 eingeladen. Dabei informierte das Amt über sein Vorgehen bei der Unterschutzstellung und über den Denkmalwert der Siedlung und stand für Fragen und Rückmeldungen zur Verfügung. Seit der Unterschutzstellung ist die für das Ensemble zuständige Mitarbeiterin regelmäßig vor Ort und steht den Eigentümerinnen und Eigentümern bei individuellen Terminen beratend zur Seite. Bisher sind nach Aussagen des Amtes erst sehr wenige Anträge auf denkmalrechtliche Genehmigung für bauliche Maßnahmen an den Häusern eingegangen. Dabei konnten in allen Fällen denkmalverträgliche Lösungen gefunden werden oder Denkmalschutzamt und Eigentümer stehen derzeit dazu im Austausch.

Kommentierung des Denkmalvereins

Die Unterschutzstellung von Baudenkmälern ist eine fachliche Entscheidung und kein Beteiligungsprozess, bei dem Eigentümerinnen, Bewohner:innen eines Quartiers oder gar die Stadtbevölkerung via Abstimmung mehrheitlich entscheiden. Die Aufgabe der Unterschutzstellung liegt – so steht es im Denkmalschutzgesetz – bei der zuständigen Behörde, dem Denkmalschutzamt. Und das ist gut so. Die Definition und Einhaltung von gesetzlichen Schutzzielen benötigt Fachkompetenz. Das wird bei anderen Schutzzielen auch kaum jemand bezweifeln, wie etwa bei der Standsicherheit und dem Brandschutz, bei Naturschutz, Katastrophenschutz oder Klimaschutz. Und die Durchsetzung ebendieser Schutzziele berührt allzu häufig Eigentumsrechte. Der Denkmalschutz aber wird immer mal wieder infrage gestellt, vielleicht deswegen, weil der Verzicht auf dieses Schutzziel nicht Leib und Leben gefährdet, und – so ist zu befürchten – bei persönlicher Betroffenheit. Dabei ist die gesellschaftliche Relevanz von Kulturdenkmälern kaum hoch genug einzuschätzen, weil sie als gebaute Geschichte zu unserem kollektiven Gedächtnis gehören. Schutz benötigen übrigens insbesondere die Gebäude der Nachkriegsjahrzehnte, weil deren historische Bedeutung sich heute vielen (noch) nicht erschließt und daher deutlich mehr Vermittlung benötigt als ältere Zeitschichten.

Fotos: Astrid Hansen