In Neuenfelde wurde ein wichtiges Stück deutscher Werftgeschichte gerettet: der markante Jucho-Portalkran, der als Landmarke weit über die Elbe sichtbar ist. Nachdem trotz heftigem Protest aus der lokalen Politik, namentlich des SPD-Abgeordneten Ermiya Ciger, die vier letzten Liebherr-Krane der Sietas-Werft abgebaut wurden, ist der Kran heute der einzige bedeutende Zeuge der über 400 Jahre alten Sietas-Werft. Im November 2025 konnte die Stadt Hamburg das Werftgelände im Rahmen einer Zwangsversteigerung erwerben und kündigte an, auch den JUCHO zu erhalten.
1635 gegründet zählte die Sietas-Werft zu den ältesten Werften Deutschlands. Der Jucho-Portalkran war ursprünglich 1965 an die Howaldtswerke-Deutsche Werft geliefert worden und ging dann zu Sietas über. Er ist eine Landmarke am südlichen Elbufer und ein weithin sichtbares Dokument der Industrialisierung des sonst ländlich geprägten Stadtteils Neuenfelde.
Seit der Insolvenz der Werft 2021 war dieses technische Erbe jedoch bedroht. Neben den Maschinen und Anlagen wurden auch die Krane der Werft verkauft und größtenteils abgebaut. Das Ende der Anlage kam einem Showdown gleich: Von den ursprünglich 14 Kranen waren im Jahr 2024 nur mehr vier Kaikrane sowie der Portalkran „Jucho“ erhalten. SPD und Grüne aus Neuenfelde und der Denkmalverein setzten sich Anfang September 2024 intensiv dafür ein, dass die letzten erhaltenen Krane vor der Demontage bewahrt und weiterhin industriell genutzt werden. Nachdem die Kulturbehörde das verbliebene Sietas-Ensemble am 13. September 2024 mit einem Jahr Verspätung unter Schutz gestellt hatte, musste sie jedoch am 23. September überraschend bekannt geben, dass der Denkmalschutz für die vier Liebherr-Krane wieder aufgehoben werden sollte: Der Eigentümer sei für Verkauf und Abtransport bereits langfristige Verpflichtungen eingegangen und würde durch einen Verbleib der Krane auf dem Gelände einen zu großen wirtschaftlichen Schaden erleiden. Erhalten geblieben war nur noch der Jucho-Portalkran. Ermiya Ciger (Vorsitzender der SPD Neuenfelde) hat daraufhin sich weiterhin intensiv für den Erhalt des Kranes eingesetzt: „Die letzten Spuren von 400 Jahren Schiffbau in Neuenfelde verschwinden zu lassen, ist definitiv nicht der richtige Umgang mit der Geschichte dieses Stadtteils und der ganzen Region".
Im November 2025 kam die erlösende Nachricht von der Pressestelle des Senats: "Der zur Finanzbehörde gehörende Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) hat im Zwangsversteigerungsverfahren das Sietas-Werftgelände mit einer Gesamtfläche von 147.690 m² für das Allgemeine Grundvermögen der Freien und Hansestadt Hamburg erworben. Der Zuschlag erfolgte zum Meistgebot von 20,01 Mio. €. Ein Großteil des Werftgeländes soll im Erbbaurecht vergeben werden und künftig als Industriefläche genutzt werden." Und Finanzsenator Dr. Andreas Dressel, Verwaltungsratsvorsitzender des LIG, wird zitiert: „Das ehemalige Sietas-Werftgelände hat eine bewegte Geschichte hinter sich, hier war eine städtische Intervention im Zwangsversteigerungsverfahren nötig und möglich. Nach einem aufwendigen, zeitintensiven Verfahren können wir mit dem Erwerb diese Fläche sichern, den Industriestandort Hamburg unterstützen und somit perspektivisch Wertschöpfung und Arbeitsplätze erhalten. (...) Für den Erhalt des denkmalgeschützten Portalkrans können wir ebenfalls Sorge tragen.“
Es ist bitter, dass die Kaikrane nicht gerettet wurden, weil die Kulturbehörde zu lange mit der Unterschutzstellung gewartet hat. Das ist ein großer Verlust für Hamburgs Industriegeschichte, und es zeigt, dass der Denkmalschutz in Zukunft gerade im Hafen deutlich schneller und offensiver auftreten muss. Umso erfreulicher ist es, dass wenigstens der Portalkran als weithin sichtbare Landmarke einer der ältesten Werften Deutschlands erhalten bleibt.
Historisches Angebotsbild und Foto: Karlheinz Arnau
Aktuelle Fotos: Heinz Brossolat