2024
Am Salomon-Heine-Weg 60 in Eppendorf stand über 140 Jahre lang ein Ensemble aus einer Villa und einem angrenzenden Fabrikgebäude. Nach einer künstlerischen Zwischennutzung wurde es vermutlich 2024 für ein Ärztezentrum abgerissen. Dagegen konnte auch der Widerstand, unter anderem aus der lokalen Politik, nichts ausrichten.
Das spätklassizistisch gestaltete Wohngebäude und ein erster Anbau sind vermutlich vor 1884 errichtet worden. Der gewerbliche Teil wurde über die Jahrzehnte erweitert und diente zunächst als Likörfabrik einer Familie Reinboldt und später zur Herstellung von Gummilösungen. In unmittelbarer Nachbarschaft befanden sich weitere produzierende Gewerbe, wie eine große Keksfabrik und die Schokoladenfabrik Petzold & Aulhorn sowie Produktionsgebäude von Langnese.
Von 1953 bis 2009 befand sich das Ensemble im Besitz einer Familie Dück, die in dem Wohngebäude lebte. Sie betrieb in den Fabrikgebäuden eine Metalldrückerei mit zehn Angestellten. Nachdem dem Tod der Besitzer zog die Firma aus und das Ensemble wurde an den Eisfabrikanten Matthias Schmidt verkauft, der mit seiner Firma „Eis-Schmidt“ in den Fabrikanbauten Speiseeis produzierte.
Laut Presseberichten verkaufte er im Jahr 2020 das Ensemble an den Baukonzern Otto Wulff weiter, der hier zunächst ein sechsstöckiges Bürogebäude errichten wollte und inzwischen ein Ärztezentrum. Hierfür erteilte der Bezirk Nord schon 2021 eine Abrissgenehmigung. Bis zum Abbruch wurde das Ensemble für eine temporäre künstlerische Zwischennutzung freigegeben und vermutlich 2024 abgerissen.
Das Denkmalschutzamt hat den historischen Komplex im Jahr 2020 begutachtet, konnte jedoch aufgrund mehrerer, als nachteilig bewerteter Veränderungen vor allem an den Fabrikationsgebäuden keinen Denkmalwert erkennen. Inzwischen gab es Vorschläge aus der lokalen Politik, die aktuelle kulturelle Nutzung der Villa zu verstetigen. Eine solche Nutzung hätte den großen Vorteil gehabt, dass die historischen Räume weiterhin öffentlich zugänglich und dadurch erlebbar geblieben wären. Unabhängig von der Art der Nutzung wäre es jedoch auch baukulturell und ökologisch wünschenswert gewesen, das Ensemble zu erhalten und ggf. energetisch zu ertüchtigen und weiterzubauen. Doch die historische "Villa Salomon" musste weichen.
Historische Fotos: Stephan Dück
Aktuelle Fotos: Patrick Sun / MOPO