2023

Das Ensemble der ehemaligen Commerzbank am Nikolai-Fleet (Brodschrangen/ Neß/ Domstraße) bestand aus einem gedrungenen Altbau und einem Hochhaus aus dem Jahr 1964. Die beiden Gebäude prägten das Stadtbild, und das Hochhaus stand sogar unter Denkmalschutz als wichtiges Zeugnis der Nachkriegsarchitektur in der Hamburger Innenstadt. Dennoch wurde das Ensemble 2023 aus wirtschaftlichen Gründen abgerissen.

Der Erweiterungsbau aus den Jahren 1963-1964 für das benachbarte Stammhaus der Commerbank war eines der wenigen Bürogebäude des Architekten Godber Nissen (Entwurf zusammen mit Wilhelm Fritsche), das in Hamburg noch in seiner ursprünglichen Raumwirkung der damals von den Stadtplanenden favorisierten "aufgelockerten Stadt" und in seiner Fassadengestaltung (dunkel eloxierte Fenster- und Brüstungselemente mit Umgängen, die hell abgesetzten Deckenkanten konstrastieren mit der dahinter liegenden Stahlfassade) erhalten war. Das Commerzbank-Hochhaus war der erste Bau in Hamburg mit hervortretenden Geschossdecken und Galerien. Diese Gestaltungsidee wurde in den 1960er- und 1970er Jahren in diversen weiteren modernen Bürogebäuden umgesetzt.

Der mit dem Hochhaus über eine Fußgängerbrücke verbundene Altbau war laut Denkmalschutzamt schon zu stark verändert, um unter Schutz gestellt werden zu können - wobei der Denkmalrat Hamburg diese Entscheidung kritisierte. Das Hochhaus hingegen war ein eingetragenes Baudenkmal.

2016 wurden beide Gebäude an einen Investor verkauft, der ihren Abriss plante. Ein architektonisches Gutachten aus dem Jahr 2015 stellte fest, dass eine Umnutzung zu Wohnungen und Miet-Einzelbüros aus bauordnungsrechtlichen, baukonstruktiven und wirtschaftlichen Gründen nicht möglich sei. Hierbei wurden vor allem brandschutztechnische und statische Gründe genannt. Nach Ansicht unter anderem des Denkmalrates wäre jedoch eine denkmalgerechte Sanierung und Umnutzung möglich gewesen. Ausschlaggebend für die Abrissgenehmigung des Denkmalschutzamtes war jedoch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die belegte, dass eine Erhaltung "nicht wirtschaftlich zumutbar sei": Der ursprüngliche Bestandsschutz hätte bei einer Umnutzung nicht mehr gegolten, und man hätte über eine aufwendige Untersuchung der Fundamente die Statik neu überprüfen müssen.

Der Denkmalverein hat mehrfach in der Presse für eine Erhaltung plädiert und bedauert den Abriss sehr, bei dem nicht nur ein geschütztes Denkmal, sondern darüber hinaus ein stadtbildprägendes Ensemble zerstört wurde. Aber auch aus ökologischen Gründen ist eine solche Vernichtung von grauer Energie und Ressourcen in Zeiten des Klimawandels nicht mehr vertretbar und zeigt, dass die baurechtlichen Rahmenbedingungen dringend bestandsfreundlicher werden müssten.

Fotos Zustand 2020: Martin Kunze
Fotos Abriss 2023: Rolf Kellner, Gunnar Gahren
Fotos nach Abriss: Fotografie Dorfmüller Klier